Auch Deutschland war Kolonialmacht. Zwischen 1884 und dem Ersten Weltkrieg beanspruchte das Deutsche Kaiserreich neben Togo, Kamerun, „Deutsch-Südwestafrika“ und „Deutsch-Ostafrika“ auch koloniale Gebiete in China (Kiautschou) und in Ozeanien, wo schließlich die beiden Kolonien „Deutsch-Neuguinea“ und Samoa gebildet wurden. 

Deutsche genauso wie französische, englische, niederländische und belgische Universitäten spielten in der europäischen Kolonialgeschichte eine wichtige Rolle: Hier wurden die in den Kolonien unter den Bedingungen von Gewaltherrschaft gesammelten Ethnographica erforscht; hier wurden Menschenversuche, die man etwa in Togo im Zusammenhang mit der Schlafkrankheit gemacht hatte, ausgewertet; hier wurden Schriftstücke, die sich zum Beispiel die BritInnen in Indien angeeignet hatten, analysiert. Durch Forschungen in und über die Kolonien entstanden neue Disziplinen und Teilgebiete – etwa die Ethnologie, die Tropenmedizin oder die Orientalistik. Gleichzeitig diente der Wissenstransfer von den Kolonien in die Metropolen auch dazu, die Kolonien besser wirtschaftlich auszubeuten und für die EuropäerInnen beherrschbarer zu machen. Und schließlich verdanken viele ForscherInnen den Kolonien die „Entdeckungen“, die sie schließlich berühmt machten: Sei es als GeographInnen oder als MedizinerInnen, als BotanikerInnen oder SprachwissenschaftlerInnen. Ein Großteil dessen, was bis heute als Errungenschaft der europäischen Wissenschaft gilt, basiert auf Wissen, das aus den Kolonien stammt. Und europäische Wissenschaft profitiert bis heute davon.

Auf dieser Website soll auf dieses schwierige Erbe aufmerksam gemacht werden. Entlang eines Beispiels – der Georg-August-Universität Göttingen – will diese Website die enge Verwobenheit von Kolonialismus und Wissenschaft beleuchten und danach fragen, wie sehr dieses koloniale Erbe Universitäten und Wissenschaft bis heute mitbestimmt.

 

Von Rebekka Habermas